Vom Begehren Begehrt zu werden

04. Juni 2023

„Lange dachte ich, es tut mir weh, dass ich nicht in die Ideale passe. Dann verstand ich: Die Normen dieser gewaltvollen Gesellschaft sind nicht für mich gemacht. Sie sind es, die mir wehtun. Aber wie viel der normvollen Gewalt habe ich schon verinnerlicht? Und wie viel Arbeit muss ich aufbringen, um ihnen zu widerstehen?“ Josephine Papke

Maya kämpft mit der Dualität ihrer Wünsche: Sie will respektiert, geschätzt und geliebt werden. Aber manchmal auch begehrt. Für die Person, die sie ist. Doch fühlt sich das unmöglich an. Denn in dieser rassistischen Gesellschaft wird der Schwarze weibliche Körper zur Projektionsfläche für hypersexualisierte patriarchale Fantasien. Was ist zu tun, wenn sie sich dem nicht beugen will und doch so sehr davon beeinflusst ist? Leistet sie nur Widerstand, wenn sie das Gegenteil von all den Idealen verkörpert? Und wann ist die sogenannte Selbstermächtigung doch nur ein Vorwand, um den Wettbewerbs-lauf um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu gewinnen?

„Ich laufe weiter. Auch wenn ich kein konkretes Ziel im Kopf hab. Früher war das Ziel A Seat at the Table. Ein Platz am Tisch. Tag für Tag sammelte ich die kaputten Teile, die die Leute am Straßenrand weggeworfen haben. Die Möbelreste, die übrig geblieben sind: die Holzlatten, die zwischen tausenden Spänen liegen. Das waren sicher mal wertvolle antike Holzstühle, die an silbernen glänzenden Tischen standen. So lange habe ich gedacht, ich könnte diese wiederherstellen. Nachbauen. Heute frag ich mich, warum ich so lange so viel Energie darauf verschwendet habe. Diese Teile sind zwar jetzt und vielleicht immer noch bei mir, aber nun versuche ich daraus eine Wand zusammenzubauen. Eine Wand, die Grenzen sprengt. Ich will auf die Barrikaden gehen. Ich will Widerstand leisten gegen die Gewalt, die ich hier täglich erlebe.“ Josephine Papke

Josephine Papke studierte Theater- und Filmwissenschaften und arbeitet als Autorin, Kulturjournalis-tin, Redakteurin, Poetin, Dramaturgin und Performerin. Ihre Kunst verhandelt oftmals die Intersektionen von Queerness, BIPoC Identitäten und Popkultur.

MIT Josephine Papke | GESPRÄCHS-MODERATION Sarah Youssef | LESUNG Sabrina Ceesay, Sophia Hankings-Evans REGIE Shari Asha Crosson

Vom Begehren begehrt zu werden ist ein Stückauftrag von africologneFESTIVAL an Josephine Papke zum Themen-Schwerpunkt Gewalt und Widerstand.

GEFÖRDERT DURCH den Deutschen Übersetzerfonds im Rahmen des Programms Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Kunststiftung NRW.