Hinter den Kulissen aber scheint es zu rumoren: Spricht man mit einheimischen Künstler:innen, Politikexpert:innen aus Europa, scheint Burkina Faso vor einer Zerreißprobe zu stehen, die – nach Einschätzung vieler einheimischer wie internationaler Expert:innen – durchaus in einen Bürgerkrieg münden könnte. Selbst der amtierende Präsident gibt sich kaum mehr als drei Monate Zeit für ein erstes beruhigendes Signal an die einheimische Bevölkerung.
Kein Wunder also, dass Autor, Schauspieler, Regisseur und Dramaturg Etienne Minoungou, Gründer des Récréâtrales-Festivals und eine der profiliertesten Stimmen seiner Heimat Burkina Faso, die Gelegenheit nutzte, in seiner Eröffnungsrede nicht nur die neue Regierung an ihre enorme Verantwortung zu erinnern: „In einem Moment, in dem es alles in unserem Land umzubauen gilt, sollten wir auch alle dazu einladen, sich einzubringen. Zusammenzuleben bedeutet, alle Kräfte zu bündeln. Und jedes Leben gleich wertzuschätzen.“
Wie gut dieses Miteinander funktionieren kann, zeigt ein Gang über das Festivalgelände Récréâtrales wie unter einem Brennglas: Entlang einer etwa 500 Meter langen Lehmstraße hat sich hier für zwei Wochen ein ganz eigener Mikrokosmos gebildet, der wie eine Oase in einer aufgewühlten Stadt wirkt: Bürger:innen und Künstler:innen, Einheimische und Gäste aus aller Welt, Junge und Alte schlendern über ein Gelände, das voll ist mit Grillständen und Bierbuden, Skulpturen aus Plastikmüll, Autoblechen und ausrangierten LKW-Reifen, etwa von Sahab Koanda, einem Autodidakten, der schon 2017 zum africologneFESTIVAL eingeladen war. Kinder rennen von links nach rechts, Hühner, streunende Hunde und ausgemergelte Ziegen kreuzen den Weg der Besucher, es wird gelacht und gesungen, gegessen und getrunken. Die Bühnen öffnen sich in Höfen links und rechts der Straße, auf dem Programm stehen neben Theaterstücken auch Lesungen, Diskussionsrunden und Konzerte. „Die aktuellen Umstände machen es uns nicht leichter, ein Festival wie Récréâtrales vorzubereiten und zu finanzieren“, sagt Festivalleiter Aristide Tarnagda. „Aber wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, den Dialog zu befördern. Kultur und Kreativität können den Wandel zum Besseren stützen.“